Fotos: Carlie Hebdo 18.11.2015, Missverständnis Luxus

Eröffnung Markus Brenner – Missverständnis Luxus im Conti Singen

aus drei guten Gründen gebührt Herrn Bernd Häussler das erste Wort zu dieser Ausstellung,
-er ist vor allem unser Oberbürgermeister mit offenem Ohr, sehendem Auge und großem Herzen für die Kultur in unserer, seiner Stadt,
dem kennt er Markus Brenner schon sehr lange und hat ihn, als dieser  noch weit weniger bekannt war als heute, für ein Projekt zum ersten Mal nach Singen geholt
und der letzte nicht unwesentliche Grund - er ist der Hausherr dies Etablissements, daher herzlichen Dank für dessen Zurverfügungstellung.
Markus Brenner, ist in Deutschland wie international bekannt geworden mit Videoprojektionen, Lichtinstallationen und Fotografien – zum Markenzeichen wurden seine Fische in maßgeschneiderten Badeanzügen. Sie sind sozusagen zu seinem „branding“ geworden, wie bei Hörl der Gartenzwerg oder bei Warhol Marilyn Monroe.

Den Künstler Brenner jedoch auf „Fische“ festzulegen, wäre in Anbetracht seines bisherigen Oeuvres eine fatale Unterlassung, wobei Fische u.a. jedoch immer wieder Impulsgeber für seine Auseinandersetzung mit Gegenwartskunst sind.

Von der Rauminstallation "Aqua Morgana" bis zur Gründung einer eigenen "Fischpartei" sind seine Konzepte mit Fischen immer wieder ein Ausloten zwischen den – wie er es nennt - durch Bekleidung zivilisierten Fischen und dem trotz Intellekt tierischen Menschen. Mit diesem Umkehrschluss zwischen Mensch und Fisch zeigte Benner im vergangenen Jahr hier in Singen seine gigantische, eindrückliche Videoinstallation Chlor – frei – schwimmen.

Heute nimmt er in seiner neuen Ausstellung unseren Lebensstil unter die Lupe – und ist mit dieser Präsentation hier im Conti erschreckend aktuell.

„Missverständnis LUXUS“, so der Titel der Ausstellung, will politisch wie sozial einen Kontrapunkt setzen. Wie im klassischen Drama macht dabei der Protagonist, in diesem Fall der „Champagner“, eine Wandlung durch und wird in der fotografischen Inszenierung des Künstlers zum „Suicide-Champagne-Belt“. Champagner, der mit seinen Luxusinsignien in unserer Gesellschaft für das Feiern von Erfolg und Reichtum, für Spitzenqualität und Hochkultur steht  

wandelt sich zu einem Selbstmordgürtel wie ihn auch Attentäter benutzen. Wir geraten bei dieser aktuellen Arbeit unversehens in ein Spannungsfeld zwischen die, - uns allen bekannte politische „Instrumentalisierung der Kunst“  und dem hohen „ästhetischen Impetus, der diesen Arbeiten innewohnt“, - sie erzeugen „Unbehagen“, wie Brenner zwei der Bilder auch nennt. Edelste, luxuriöse Materialien, Gold, Silber, Platin und Champagner schaffen es nicht -  uns über die aktuellen, täglichen Bilder von Selbstmordattentätern, von unbewältigten Flüchtlingsströmen oder über unser Ausgeliefertsein an die Pharmaindustrie zu täuschen.

Das ist übrigens ein wichtiger Grund, weshalb wir die Stadt um diese Ausstellungsmöglichkeit baten. Genau die Kraft dieser Ästhetik, die diesem Werkzyklus innewohnt, fordert eine andere Präsentation als  wiederum in einem kühlen, ästhetischen Raum ausgestellt zu werden, sie wird dann ohne großen Widerspruch eins mit dem Raum.

Das Missverständnis von Luxus – die Parallelität von Genuss und Zerstörung, aber auch die Tatsache, dass Genuss oft zerstörerisch wirkt und es mitunter vorkommt, dass Menschen die Zerstörung geradezu genießen zu scheinen – all dies hat erst nach Entstehung des Werkzyklus durch die Ereignisse in Paris eine höchst aktuelle Dimension erfahren; s, auch die zwei Tage später erschienene Charlie Hebdo Ausgabe.

Ort und Zeitpunkt der Ausstellung lagen bereits vor den Attentaten von Paris fest – trotz der Anschläge fanden Markus Brenner und wir es jedoch richtig an den Ausstellungsplänen festzuhalten. Auch die Stadt Singen, in deren Abrissgebäude die Ausstellung stattfindet, insbesondere Kulturbüroleiterin Catharina Scheufele, war mutig genug, das Vorhaben weiter zu unterstützen.

 

Ich möchte Sie aber nicht weiter mit meiner Interpretation in diese eindrückliche Ausstellung von Markus Brenner einführen, sondern schlage vor, dass wir gemeinsam ihn selbst dazu befragen. In der Hoffnung, dass Sie anschließend einsteigen, fange ich einfach mal an, und zwar mit einem Zitat von ihm, das er ganz zu Beginn dieses Arbeitsprozesses gemacht hat.

„Natürlich ist es jedoch absurd, sich mit Luxus-Getränken zu beschäftigen, während über Flüchtlingsfragen gestritten wird, während Kriege und Terror unser Leben bedrohen. Aber – alles gute Gründe für mich, es zu tun", so der Künstler.

So lieber Markus, jetzt bist Du an der Reihe – nenn uns bitte – vielleicht drei der guten Gründe, die Dich bewogen haben an dieses Konzept zu gehen.

Zum Abschluss noch – ich hatte heute nachmittag einen netten Anruf aus einer Nachbargemeinde - was denn heute abend der Eintritt ins Conti kosten würde – ich schloss daraus, dass der Aufenthalt im ehemaligen Conti wohl sehr teuer gewesen sein muss und der Anrufer aufgrund der Südkurier Notiz Champagner und Kunst im Conti vielleicht ein wenig verunsichert war. Als ich jedoch sagte es kostet nichts, wollte er kommen, ich begrüße ihn hiermit unbekannterweise.

Vielen Dank Ihnen allen für Ihren Besuch. Die Ausstellung geht bis
23. Dezember Die. – Do. 18 – 2o Uhr, kommen Sie in Ruhe nochmals – es kostet auch dann keinen Eintritt, die Arbeiten von Markus Brenner sind jedoch käuflich zu erwerben und um es mit Beuys zu untermauern – Kunst ist Lebensmittel.

Noch ein kleiner Werbeblock:
am kommenden Sonntag wird in der Galerie in der Schaffhauser Str. das Buch von Xianwei Zhu Bewölkte Utopie Hohentwiel versus Hanshan vorgestellt, er wird anwesenden sein.

In der Atelierwohnung zeigen wir noch einige Arbeiten aus diesem Zyklus und in unseren Privaträumen schwimmen zudem die angezogenen Fische von Markus Brenner, er wird ebenfalls vor Ort sein und mit Interessenten gerne auch ins Conti gehen.

Wir wünschen Ihnen einen guten Start ins Nikolaus-Wochenende und erlauben Sie mir noch Ihnen einen unserer zweifelnden Gedanken mitzugeben – Weihnachten? – Missverständnis Luxus?