Florian Schwarz: »IMAGINE«

Eine künstlerische Recherche zum Thema Staatenlosigkeit mit einer

Ausstellung an einer Landesgrenze zwischen Deutschland und der Schweiz

Eröffnung: Samstag, 11.06.2022 / 17 Uhr mit einem Gespräch

zwischen Künstler Florian Schwarz, Kuratorin Helena Vayhinger und

Christiana Bukalo, Gründerin der Nonprofit-Organisation »Statefree«

Ort: Hauptzoll am Kreuzlinger Tor, Kreuzlinger Straße 53, 78462 Konstanz

Ausstellungsdauer: 12.06.2022-29.07.2022

 

Tagtäglich überqueren hunderte Menschen diese Grenze; gehen zur Arbeit, einkaufen, spazieren, ins Restaurant oder treffen Freunde. Für die, in der Region Ansässigen eine absolute, alltägliche Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig stellen Grenzen für die vielen Menschen ohne staatlich anerkannte Identität ein unüberwindbares Hindernis dar. Dieses Kunstprojekt möchte auch dafür sensibilisieren, dass unsere Grundrechte nicht selbstverständlich sind – sondern ein kostbares und durchaus fragiles Gut, das es zu schützen gilt. Besonders in Zeiten, wo Vielfalt und Pluralismus vielerorts infrage gestellt werden.

 

Florian Schwarz’ ursprüngliche Aufmerksamkeit für die Thematik Staatenlosigkeit entstammt einer zufälligen, eindrücklichen Begegnung mit einer jungen Frau, die, obwohl in Deutschland geboren, staatenlos ist. Daraufhin begann der Künstler, sich intensiver mit dieser Thematik zu befassen: Nach Angaben von UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees) leben derzeit circa 650.000 staatenlose Menschen in Europa. Sie haben keine staatlich anerkannte Identität und können somit viele grundlegende Rechte nicht in Anspruch nehmen. Sie haben keine Reisefreiheit, oftmals eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung oder Bildung. Staatenlose können nicht ohne weiteres ein Bankkonto eröffnen, können nicht heiraten, haben häufig weder eine Melde-Adresse noch einen festen Wohnsitz. Sie sehen sich einem Kreislauf kafkaesk anmutender Bürokratie ausgesetzt, einem Leben in ständiger Unsicherheit sowie einem emotional fragilen »Schwebezustand« ihrer Nicht-Zugehörigkeit.

 

In Kooperation mit der Nonprofit-Organization »Statefree«, die staatenlose Menschen bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützt, konnte Florian Schwarz in den vergangenen Monaten Kontakte zu Personen knüpfen, die von Staatenlosigkeit betroffen sind. Ein Jahr lang besuchte er diese Menschen an verschiedenen Orten in Europa, sprach mit ihnen über ihren Alltag, ihre Erfahrungen mit Staatenlosigkeit, und portraitierte sie mit der Kamera. Bei Vollendung des Projekts hatte er circa 25 staatenlose Personen in der Schweiz, Deutschland, Belgien, Italien, Spanien, Schweden, Ukraine und Montenegro getroffen und fotografiert.

 

Gemeinsam mit uns entstand während der intensiven Recherche-Phase zu diesem Kunstprojekt die Idee, das Thema in Form eines ganz speziellen Ausstellungskonzeptes aufzugreifen: Eine großformatige, ortsspezifische Ausstellungsinstallation auf dem Gelände des »Hauptzoll am Kreuzlingen Tor«, einem Grenzübergang zwischen Kreuzlingen (Schweiz) und Konstanz (Deutschland).

 

Fotografie und Text sind in dieser Ausstellung zu einer Aussage verbunden, die zur Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten staatenloser Menschen einlädt. Ganz bewusst geht dieses künstlerische Konzept durch seine Präsentationsform im öffentlichen Raum »über den klassischen Kulturkontext hinaus«; hinein in das Stadtbild, in den Alltag der Menschen, um so an diesem vielf requentierten Grenzübergang einer breiten Öffentlichkeit überraschende und doch alltägliche Begegnungen mit außergewöhnlichen Lebenssituationen durch Kunst zu ermöglichen. Die Ausstellung und das Künstlerbuch, das über das Projekt erscheint, wird diesem Thema eine Plattform bieten und den Betroffenen eine Stimme verleihen.

Die Wahl und Symbolik des Ausstellungsortes

Grenzübergang/Landesgrenze potenziert im Bezug auf das Thema Staatenlosigkeit ganz bewusst Fragestellungen nach Nationalität, Identität und Zugehörigkeit. Dieser Kontext erscheint als besonders fruchtbar für die Auseinandersetzung mit einer Thematik, die im öffentlichen gesellschaftspolitischen Diskurs kaum Beachtung findet; im Kern aber grundlegende Fragestellungen der Menschenrechte und Integration, der Suche und Sehnsucht nach einem Leben in Würde und Selbstbestimmung beinhaltet.

 

Das Land Baden-Württemberg trägt dazu bei den Abstand zur Kunst zu verringern - das Projekt wird gefördert durch die Landeszuwendung „Kultur trotz Corona“ des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Impulsprogramm „Kunst trotz Abstand“.